17 Dez Herzlichen Glückwunsch Florence Hervé
Luise-Büchner-Preis für das Lebenswerk der Schriftstellerkollegin
„Wenn wir zusammengehen, kommt mit uns ein besserer Tag“, heißt eine Zeile aus dem Lied „Brot und Rosen“. Unter diesem Titel steht eines der ersten von Dr. Florence Hervé herausgegebenen Bücher über die »Geschichte und Perspektive der demokratischen Frauenbewegung«. Zahlreiche weitere Werke zu Friedens-, Gleichberechtigungs- und Widerstandsbewegungen folgten. Für ihr Lebenswerk hat sie am 12. Dezember in Darmstadt den »Luise Büchner-Preis« für Publizistik erhalten.
In der Begründung der Jury heißt es: „Die deutsch-französische Germanistin und Feministin Dr. Florence Hervé engagiert sich seit Beginn ihrer publizistischen Tätigkeiten im Jahr 1969 nicht nur als Autorin, Journalistin, Übersetzerin und Herausgeberin für eine Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft. Seit den 70er Jahren ist sie darüber hinaus in der europäischen und internationalen Frauenbewegung politisch aktiv: Sie war u. a. eine der Mitbegründerinnen der Demokratischen Fraueninitiative und war von 1994 bis 2002 im Leitungsteam der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF).“
Geboren wurde Florence Hervé im April 1944 im noch von den Deutschen besetzten Paris. Als 15jährige Schülerin lernt sie – wie Ihre Laudatorin Elisabeth Klaus mitteilt -auf dem Gymnasium Autoren des „anderen Deutschland“ kennen: Heinrich Heine, Franz Kafka und Bertolt Brecht. Die Professorin am Fachbereich Kommunikationswissenschaft in Salzburg skizziert Florence Hervés Lebensweg von deren Studium am Dolmetscher-Institut in Heidelberg über das Studium der Germanistik in Bonn ab 1963, wo die mit der Studentenbewegung einsetzenden Veränderungen auch das künftige gesellschaftspolitisches Engagement der Preisträgerin bestimmen. Sowohl in ihrer journalistischen als auch wissenschaftlichen Arbeit. Es sind die Themen Demokratie, Frieden, Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte.
Die Aktivitäten und Publikationen der im VS organisierten sozialistischen Feministin zeigen, wer ihre und anderer Vorbilder sind und sein können. Man schaue sich das mehrfach erschienene und jeweils aktualisierte »Weiberlexikon« an oder das Buch »Lexikon der Rebellinnen« sowie die Bücher über Flora Tristan, Clara Zetkin oder Louise Michel.
Antifaschismus und der Widerstand von Frauen gegen Faschismus und Krieg sind ein Lebensthema von Florence Hervé. Ein Buch über die Verbrechen und das Massaker in Oradour sowie die im vergangenen Jahr erschienene Publikation »Mit Mut und List. Europäische Frauen im Widerstand gegen Faschismus und Krieg« sind Beispiele dafür.
In ihrer Dankesrede zur Preis-Verleihung hat Florence Hervé unter Bezug auf die Namensgeberin des Preises, Luise Büchner, zwei weitere Themen hervorgehoben: Es sind die Pflege- und Sorgearbeit sowie die FrauenBildung.
Deutlich äußert sie sich zu den schwierigen ja problematischen Bedingungen in der Pflege- und Sorgearbeit unter Coronabedingungen. „Corona hat gezeigt, dass eine geschlechtsgerechtere Verteilung der Arbeit und Sorgearbeit, die sich langsam und allmählich entwickelte, wieder zurückgenommen wird. Home-Office als Einstieg in den Ausstieg aus der Erwerbsarbeit?“ Es gehe deshalb nachdrücklich darum, diese Zustände zu ändern und die Gesellschaft gerechter, sorgsamer und solidarischer zu machen.
In der politisch verstandenen Frauenbildungsarbeit sei man/frau in den 70er Jahren schon einmal weiter gewesen. In den letzten zwanzig Jahren sei die politische Frauenbildung aus vielen Volkshochschulen zunehmend verdrängt worden. In Pandemiezeiten verstärke sich diese Tendenz. Dagegen gelte es anzugehen. Frauenbildungsarbeit bleibe eine ständige Herausforderung.
Zur Verleihung des Büchner-Preises gehören 2.500 Euro und eine Seite im »Darmstädter Echo«. Dort hat Florence Hervé erklärt, dass sie diesen Preis gern annehme, stellvertretend auch für die vielen Mitstreiterinnen, die an ihrer Seite waren und sind.
In einem Beitrag für „fiftyfifty“ vom September 2021 hat Florence Hervé deutlich gemacht, dass sie die „Kö“ in Düsseldorf, ihrem Wohnort, gern verändern würde:
„Als Gedächtnis der Stadt. Mit Gedenktafeln, die von Geschichten vergangener Zeiten erzählen. Als Ort der Solidarität, wie für einen Augenblick beim Protest von ‚Fridays for Future‘ im September 2019 erlebt. Als Utopie des guten Zusammenlebens. Das wäre meine Kö.“
Heinrich Bleicher