17 Apr Der bekannteste „Pottpoet“
Gänzlich unerwartet hat er die Bühne verlassen. Am 9. April ist der Lieder- macher, Musiker und Sänger Frank Baier im Alter von 79 Jahren in Duisburg gestorben. Von 1981 an lebte unser Kollege in einem hundert Jahre alten Arbeiterhaus in der Zechensiedlung Rhein-Preußen in Duisburg-Homberg. Für dessen Erhalt des historischen Ensembles hat er sich jahrelang als Mitglied einer Bürgerinitiative stimmgewaltig und mehrmals auch mit einem Hungerstreik eingesetzt.
Nach seinem Hochschulstudium arbeitete Frank als Ingenieur im Post- und Fernmeldedienst. Da war er auch schon als Liedermacher und Sänger bekannt, denn seit den 1960er Jahren nahm er an den legendären Festivals auf der Burg Waldeck und den Essener Songtagen teil. Er vertonte Texte des Bochumer Bergmanns und Arbeiterdichters Heinrich Kämpchen und begann eigene Freiheitslieder zu schreiben und öffentlich zu präsentieren.
In den 1970er Jahren erschienen dann erstmals Baiers Lieder auf Langspiel- platten. Sie zeichnen sich durch einen kraftvollen sozialkritischen Ton aus. Es geht um die Lebensbedingungen der Menschen an der Basis, um die Solidarität mit den Schwachen, jahrelang auch um den Kampf gegen die Atomkraft.
Als Liedermacher nutzte er die Texte der Ruhrgebietsautoren Josef Reding, Liselotte Rauner, Richard Limpert, Josef Büscher und Hugo Ernst Käufer. Dabei setzte er seine geliebte Ukulele ein, aber auch sein Bandoneon, die Gitarre und das sogenannte Schifferklavier, mehrmals kongenial begleitet und unterstützt von der Sängerin Fasia Jansen. Für seine „Lieder der Märzrevolution“ erhielt er 2006 den Preis der deutschen Schallplattenkritik.
Seine Musik führte ihn als gefeierter „Pottpoet“ durch ganz Deutschland und auch ins Ausland – bis nach Madagaskar, wo eine Ukulele inzwischen „Frankbaier“ heißt.
Viele Materialien hat Frank Baier gesammelt und neu sortiert. 2012 beispielsweise stellte er mit dem Musikjournalisten Jochen Wiegandt einen 463 Seiten umfassenden Sammelband „Glück auf! – Liederbuch Ruhr“ zusammen, ein Standardwerk der sozialpolitischen Songkultur.
Trotz seines kritischen Engagements ist er immer ein fröhlicher, kontaktfreu- diger Mensch geblieben, der an den Fortschritt der Gesellschaft glaubte, der sich um das Liedgut des Ruhrgebiets große Verdienste erarbeitet hat. Er hinterlässt ein großes Text- und Musikarchiv. Sein Haus ist voll davon.
Mit Frank Baier verlieren wir einen überaus kreativen Freund. Seine Songs sind zum Glück weiterhin auf YouTube, Spotify, Deezer zu hören. Seine Stimme wird uns überallhin begleiten.
Volker W. Degener